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Neuer Link für die Onlineberatung der Mädchen*beratungsstelle

ab 02.01.2023 gibt es einen neuen Link Link für die Onlineberatung der Mädchen*beratungsstelle:

https://onlineberatung.dgfpi.de/#/?c=d826ca25-3696-43df-a228-b88e6b925587

 

Ausstellung eines bei uns untergebrachten aus Afghanistan geflohenen Mädchens

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Angesichts der schrecklichen Situation in Afghanistan veröffentlichen wir folgendes Statement:

„Wildwasser e.V. Berlin verurteilt die Brutalität der Taliban und betont, dass die Taliban nie durch den Willen des Volkes an die Macht gekommen sind, sondern ihren Wiedereinzug mit dem Töten, Morden und Vergewaltigen von Frauen und Kindern begonnen haben. Denn, die bloße Existenz der Taliban ist gleichbedeutend mit dem Kampf gegen Frauen. Taliban verletzen die Rechte der Frauen, wollen sie in die dunkle Ecke des Hauses Schicken und ihre Stimmen für immer verstummen. Wir wollen die Stimme der afghanischen Frauen und Mädchen außerhalb des Landes sein.  

Die Menschen in Afghanistan, vor allem die Frauen, wollen in keiner Weise den rigorosen Fanatismus der Talibanherrschaft.  

Zur Hölle mit Euch !“

Afghanistan: medica mondiale zur Evakuierung von Frauenrechtsaktivist:innen aus Kabul

 

tl_files/wildwasser/Bilder/2021/bb30e4d7-0735-4fd7-a0e9-8461b49c5b9a.jpg In diesem Zusammenhang möchten wir euch auf die Ausstellung eines bei uns lebenden aus Afghanistan geflohenen Mädchens aufmerksam machen.

Ihre Bilder sind wirklich extrem eindrucksvoll. Die Kunstwerke können bis zum 05.09. in der Galerie Atelier UR-ART, Pflügerstr. 52, 12047 Berlin,  freitags, samstags und sonntags von 16.00 – 22.00 angeschaut werden.

Die Finissage ist am 04.September.

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Wichtiges Signal für Betroffene und Unterstützer*innen

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier sprach am 04.06.2021 mit Betroffenen und Fachberatungsstellen Wildwasser e.V. und Hilfe-für- Jungs über Unterstützung nach sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend

tl_files/wildwasser/Bilder/2021/Bundespraesident-Steinmeier-zu-besuch-bei-Wildwasser-kl.jpg(Bildquelle Bundesregierung/Steins /Bundespresseamt/Steins)

Als Kind oder Jugendliche*r sexualisierte Gewalt zu erfahren ist eine erhebliche Lebensbelastung. Aber natürlich gibt es ein Leben mit, nach und jenseits der Gewalt. Besonders wichtig ist dabei kompetente Unterstützung, die auf individuelle Bedarfe und Lebenswege eingeht. Dieses Thema stand im Mittelpunkt einer Begegnung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend und Vertreter*innen von spezialisierten Fachberatungsstellen Irina Stolz (Wildwasser) und Lukas Weber (Hilfe-für-Jungs).

Am 04.06.2021 besuchte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Fachberatungsstellen Wildwasser Berlin und HILFE-FÜR-JUNGS e.V. sowie ihre Bundeskoordinierung, die BKSF. Es gab ein gemeinsames Fachgespräch, das in den Räumen von Wildwasser stattgefunden hat.

„Wir freuen uns sehr darüber, dass der Bundespräsident den Kontakt mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt gesucht hat. Es ist ein wichtiges Signal, wenn sich das Staatsoberhaupt mit den Erfahrungen und Perspektiven von Betroffenen auseinandersetzt. Und es freut uns auch, dass die Arbeit der Fachberatungsstellen gewürdigt wird, die seit immerhin bald 40 Jahren Betroffene unterstützen und begleiten.“ sagt Katrin Schwedes von der BKSF – Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend. Aber auch, dass viele Fachberatungsstellen chronisch unterfinanziert sind, einige ihre Mitarbeiter*innen nicht angemessen bezahlen können und fast alle auf Spenden angewiesen sind. Der Besuch des Bundespräsidenten könnte ein Signal in eine andere Richtung setzen.

Dass die Begegnung in den Räumen von Wildwasser Berlin stattfand, der ersten Fachberatungsstelle Deutschlands, erscheint Irina Stolz besonders bedeutsam: „Es waren Betroffene aus der feministischen Bewegung und der Selbsthilfe, die in den 1980er Jahren dafür gekämpft haben, dass sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen zum gesellschaftlichen Thema wurde. Sie haben das Tabu gebrochen, haben diese Gewalt gegen viele Widerstände ans Licht geholt. Und sie haben auch die ersten Fachberatungsstellen gegründet, um Andere zu unterstützen. Wildwasser Berlin ist eine davon.“ Ihre Kollegin Dorothea Zimmermann ergänzt sie: „Seit dieser Zeit hat sich viel getan. Aber es gibt noch so viele Baustellen. Immer noch erfahren Betroffene viel zu wenig gesellschaftliche Solidarität. Ihnen wird nicht geglaubt oder sie werden auf einen Opferstatus reduziert. Wir in den Fachberatungsstellen wissen genau: es gibt ein Leben nach der Gewalt. Wichtig ist vor allem, dass Betroffene Anerkennung und passende Unterstützung erfahren. Deswegen arbeiten wir mit einem klaren parteilichen Ansatz.“

Anders als Wildwasser Berlin richtet sich HILFE-FÜR-JUNGS e.V. an männliche Betroffene und hat einen großen Schwerpunkt auf aufsuchender Arbeit. Wie vielen Fachberatungsstellen ist ihnen Niedrigschwelligkeit besonders wichtig. „Wir gehen dahin, wo gewaltbetroffene Jungen* sind, um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Und wir gehen auch mit in ihre Lebenswelten, um sie in der bestmöglichen Art und Weise unterstützen zu können,“ sagt Lukas Weber. „Ich denke, dass es das ist, was spezialisierte Fachberatung ausmacht. Wir verstehen die Dynamiken und Strukturen, die sexualisierte Gewalt begleiten und das Sprechen darüber so schwermachen können. Für uns steht die Selbstbestimmung von Betroffenen im Mittelpunkt. Wir begleiten, stabilisieren und unterstützen dort, wo es gerade wichtig ist, wo es gebraucht wird. Das können Beratungen sein, Alltagsunterstützung, die Begleitung bei Behördengängen oder Anderes.“


https://www.youtube.com/watch?v=8KlCtB4YCdc

https://www1.wdr.de/mediathek/audio/wdr5/wdr5-morgenecho-interview/audio-kindesmissbrauch-verantwortung-der-gesellschaft-100.html

Neues Projekt! Fachliche Begleitung bei der Entwicklung von Schutzkonzepten an Schulen besonderer pädagogischer Prägung in Berlin

Seit August 2020 hat die Berliner Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie Wildwasser e.V. damit beauftragt, modellhaft Schulen besonderer pädagogischer Prägung dabei zu unterstützen, eigene Schutzkonzepte zu entwickeln.

Dies ist ein längerer Prozess der Organisationsentwicklung, den jede Schule für sich selbst durchlaufen muss. Um den daraus erwachsenen Anforderungen bestmöglich gerecht zu werden, arbeitet das Team von Wildwasser eng mit Berater*innen von proSchul zusammen, die den Organisationsprozess fachlich begleiten. ProSchul gehört zur Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie und bietet allen staatlichen Berliner Schulen Unterstützung in ihren Schulentwicklungsprozessen an.

Das Team bei Wildwasser bilden Jetti Hahn und Kristina Becker.

Kontakt: hahn.schutzkonzepte@wildwasser-berlin.de

Kostenlose Rechtsberatung und Supervision

Kostenlose Rechtsberatung

Die Mädchen*beratungsstelle bietet einmal im Monat (1. Mittwoch von 17.00-19.00) eine kostenlose Rechtsberatung durch eine Anwältin an. Wir suchen ab Januar 2021 zwei Anwältinnen, die diese Beratung gegen eine Aufwandsentschädigung anbieten. Bei Interesse melden Sie sich unter maedchenberatung@wildwasser-berlin.de

Supervision

Das Team der Mädchen*beratungstelle sucht ab Januar 2021 eine neue Supervisorin. Wir suchen eine Person mit einer feministischen Grundhaltung und fundierten Kenntnissen im Bereich der sexualisierten Gewalt. Die Supervision (Fall- und Teamsupervision) soll 14- tägig stattfinden. Bei Interesse melden Sie sich unter maedchenberatung@wildwasser-berlin.de

Offener Brief der Deutschen Gesellschaft für Prävention und Intervention bei Kindesmisshandlung, -vernachlässigung und sexualisierter Gewalt e.V. (DGfPIe.V.)

Wenn das Zuhause kein sicherer Ort ist

Wenn das Zuhause kein sicherer Ort ist

Meldungen aus China bestätigen, was Fachberatungsstellen für Betroffene geschlechtsspezifischer Gewalt auch in Deutschland befürchten: In der aktuellen Krisensituation mit starken Einschränkungen im öffentlichen Leben steigt die Gefahr für Frauen und Kinder, häusliche und sexualisierte Gewalt zu erfahren. Das eigene Zuhause ist zu oft kein sicherer Ort. Laut einer Pekinger Frauenrechtsorganisation war die Zahl der Betroffenen von häuslicher Gewalt, die sich während der verordneten Quarantäne an die Hilfsorganisation gewandt haben, dreimal so hoch wie zuvor.

Während das Gewaltrisiko steigt, fallen Verletzungen oder Unterstützungsbedarfe von Betroffenen  weniger auf, wenn Betroffene z.B. nicht mehr in die Schule, zur Arbeit oder in den Sportverein gehen.

Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, die von Gewalt im direkten sozialen Umfeld betroffen sind, kann die  aktuelle Situation bedeuten, Täter*innen ständig ausgeliefert zu sein.

Die Vernetzungsstellen bff, BKSF, BAG FORSA und DGfPI möchten Betroffene und Bezugspersonen ermutigen, sich Unterstützung bei sexualisierter oder häuslicher Gewalt zu suchen und damit nicht allein zu bleiben. Fachberatungsstellen und andere Hilfseinrichtungen sind auch weiterhin telefonisch und online erreichbar und unterstützen im Einzelfall. Die Vernetzungsstellen und die ihnen angeschlossenen Fachberatungsstellen unterstützen außerdem die Aufrufe für eine solidarische Nachbarschaft. Das ist ein guter Ansatz, der auch in Fällen von häuslicher und sexualisierter Gewalt hilfreich ist. Wichtig ist es, nicht wegzuschauen, sondern Zivilcourage zu zeigen und  z.B. Betroffenen Unterstützung anzubieten oder sich selbst über Hilfsangebote zu informieren. Auch Unterstützungspersonen können sich Hilfe holen und beraten lassen, wenn sie unsicher sind, wie sie Betroffene unterstützen können.

Adressen von Fachberatungsstellen bundesweit sind hier zu finden:

https://www.frauen-gegen-gewalt.de/de/hilfe-vor-ort.html

https://www.hilfeportal-missbrauch.de/nc/adressen/hilfe-in-ihrer-naehe/kartensuche.html

 

Außerdem stehen Hotlines für Betroffene und Bezugspersonen zur Verfügung, an die sie sich kostenfrei und bei Bedarf auch anonym wenden können:

Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016; www.hilfetelefon.de

Hilfetelefon sexueller Missbrauch: 0800-22 55 530; https://nina-info.de/hilfetelefon.html

Online-Beratung für Jugendliche: https://nina-info.de/save-me-online//

Gegen eine Instrumentalisierung durch Rechtspopulist*innen

Wir sind entsetzt und vor voller Trauer angesichts des rassistischen Anschlags von Hanau.

Rechte Gewalt tötet Menschen in unserer Mitte. Es ist vollkommen unerträglich, dass Personen, die nicht dem Bild der Mehrheitsgesellschaft entsprechen, Angst haben müssen. Die Antwort kann nur eine klare und eindeutige Gegenposition gegen diese Hetze sein, wo auch immer sie auftritt.

Auf keinen Fall lassen wir es zu, dass Populisten das Thema sexualisierte Gewalt funktionalisieren:

Gegen eine Instrumentalisierung durch Rechtspopulist*innen

Gemeinsame Stellungnahme von Verbänden und Fachberatungsstellen zu sexualisierter und geschlechtsspezifischer Gewalt

Gemeinsam mit unseren Kooperations- und Trägerverbänden BAG FORSA, bff und DGfPI hat die BKSF ein Positionspapier gegen die Instrumentalisierung der Themen geschlechtsspezifische und sexualisierte Gewalt durch rechte Gruppierungen und Parteien verfasst. Wir halten diese Positionierung angesichts wachsender rassistischer Tendenzen in unserer Gesellschaft und einer Vereinnahmung dieser Themen durch rechtspopulistische und rechtsextreme Akteur*innen für überaus wichtig. Von dieser Seite wird immer wieder das Bild des "übergriffigen Fremden" bemüht, vor dem Frauen und Kinder geschützt werden müssen - anstatt anzuerkennen, dass sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt in allen Teilen der Gesellschaft ausgeübt und verschleiert werden.

In unserer gemeinsamen Stellungnahme stehen wir dafür ein, dass die Arbeit von Fachberatungsstellen gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt unvereinbar ist mit rassistischen, reaktionären und antifeministischen Positionen: "Unser Einsatz für ein gewaltfreies Leben fußt auf demokratischen und humanistischen Werten. Wir stellen uns deswegen aktiv gegen alle menschenverachtenden und rassistischen Ideologien rechter und reaktionärer Gruppierungen und Parteien, denn sie führen zu Ausgrenzung, Diskriminierung und Gewalt. Die Arbeit gegen Populismus und Rechtsextremismus und die Arbeit gegen sexualisierte und geschlechtsspezifische Gewalt gehören untrennbar zusammen."

Presseerklärung

Gemeinsame Presseerklärung der Landesflüchtlingsräte und des Flüchtlingsrates Berlin
29.03.2019

Zur Kampagne von BMI, BAMF und CDU/CSU-Fraktion gegen die Flüchtlingsräte:
"Wir stellen uns gegen die Orbanisierung!"


Die Landesflüchtlingsräte weisen alle Versuche mit Nachdruck zurück, ihre Menschenrechtsarbeit zu kriminalisieren. Die Arbeit der Flüchtlingsräte ruht in allen Bundesländern auf einer breiten Unter-stützung durch Kirchen, Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Kinder- und Jugendhilfe, Arbeitsmarktakteure, Teilen der Politik und zahllosen Bürgerinitiativen. Die von BAMF-Leiter Sommer und den Mitgliedern der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Middelberg und Frei öffentlich erhobenen Unterstellungen angeblich rechtswidriger Aktivitäten und den Versuch ihrer Kriminalisierung per Gesetz weisen die Landesflüchtlingsräte entschieden zurück. Mit dieser Kampagne aus Unionskreisen werden einer Orbanisierung der Bundesrepublik Vorschub geleistet und bestehende Rückkehrrisiken in Afghanistan banalisiert.

Wir erinnern daran, dass Abschiebungstermine früher in der Regel von den Behörden selbst mitgeteilt wurden. Begründet wurde dies mit der Notwendigkeit, die Interessen der Betroffenen umfassend zu berücksichtigen und ihre Würde zu wahren. Erst mit dem 2015 in Kraft getretenen sog. „Asylkompromiss 1“ ist den zuständigen Behörden eine Ankündigung solcher Termine untersagt.

Nicht die Flüchtlingsräte, die ebenso wie die Seenotrettungsorganisationen 2015 gefeatured und gefeiert wurden, sondern die Politik der Bundesregierung und ihrer Verwaltungen hat sich geändert. Die Politik hat sich entschieden, nicht mehr Solidarität und Mitgefühl, sondern Feindseligkeit und Kriminalisierung gegenüber Geflüchteten und ihren Unterstützer*innen zur Richtschnur ihres Handelns zu erheben. Diese Politik – und nicht das Engagement der Landesflüchtlingsräte – gefährdet den Rechtsstaat.  Unter Führung von Bundesinnenminister Horst Seehofer schreitet die Orbanisierung der deutschen Politik voran.

Dazu passt, dass seit 2015 die Asylschutzquoten restriktiv nach unten korrigiert wurden. Lag diese für afghanische Flüchtlinge 2015 noch bei bereinigt 80%, so ist sie bis 2018 auf gerade einmal 50% abgesunken, obwohl der Krieg in Afghanistan 2018  mehr Tote einforderte, als in Jemen oder Syrien. Asylanträge mit Verweis auf angeblich sichere Gebiete abzulehnen und Abschiebungen nach Afghanistan zu forcieren ist zynisch. Den UNHCR Eligibility Guidelines  zufolge kommt Kabul beispielsweise generell als Schutzort für Betroffene nicht mehr in Betracht. Trotzdem will das BMI Abschiebungen nach Afghanistan ausweiten.

Vor diesem Hintergrund ist es kaum verwunderlich, dass ca. die Hälfte der negativen BAMF-Entscheidungen zu afghanischen Asylgesuchen von den Verwaltungsgerichten kassiert werden . „Anstatt gegen Flüchtlingsräte zu hetzen, sollte BAMF-Leiter Sommer dafür sorgen, dass seine Behörde wieder seriös arbeitet, Schutzsuchende zu ihrem Recht kommen und die Verwaltungsgerichte entlastet werden." fordert Nora Brezger von Flüchtlingsrat Berlin.

Vor Abschiebungen zu warnen bedeutet, dass einige wenige Geflüchtete noch die Gelegenheit wahr-nehmen können, ihre Rechte vor Behörden und Gerichten einzufordern. Das ist unabdingbar. Denn Familien auseinanderreißen, Schwangere und Kranke abschieben, Menschen aus der Ausbildung zu reißen - das sind keine Einzelfälle, das dokumentieren Landesflüchtlingsräte inzwischen als strukturelles, menschenrechtliches Problem.


Beratung durch die Flüchtlingsräte erfüllt eine wichtige Rolle im Rechtsstaat, indem Asylsuchende in jedem Stadium ihres Verfahrens über ihre Rechte und Pflichten aufgeklärt werden, während der Staat bei der praktischen Verwirklichung des effektiven Rechtsschutzes, eines Grundrechtes, häufig versagt oder sich unwillig zeigt. Mit dem Bekanntwerden von Abschiebungsterminen wird möglicherweise Betroffenen bewusst, dass sie eine letzte Chance haben zu prüfen, ob Rechtsmittel einzulegen sind.

Der Angriff aus der Union zielt auf die gesamte Beratungs- und Unterstützungsstruktur in Deutschland. Angesichts des o.g. bundesbehördlichen Versagens ist dieses zivilgesellschaftliche Engagement oft lebenserhaltend. Es würden sonst Kinder, Jugendliche und/oder Erwachsene abgeschoben, die Schutz brauchen und aufgrund von Fehlentscheidungen der Behörden dann in Abschiebeflieger gerieten.

Ein demokratischer Rechtsstaat muss es nicht nur tolerieren, sondern sogar fördern, dass seine Zivilgesellschaft in Form von Beratungsstellen, Wohlfahrtsverbänden, Kirchen und Flüchtlingsinitiativen helfen, falsche Behördenentscheidungen zu korrigieren und Menschen bei der Wahrnehmung ihrer elementaren Rechte unterstützen.


"Wir leisten humanitäre Arbeit im Einzelfall und organisieren den Protest gegen den Abschiebefuror der Behörden." so Nora Brezger, Sprecherin des Berlin Flüchtlingsrates. "Es ist ein Mythos, dass die Abschiebemaschinerie durch E-Mails, Posts, Tweets und das Benennen konkreter Termine ins Wanken gerät. Es geht uns um das demokratische Recht, in der Gesellschaft ein kritisches Bewusstsein für potenzielle Lebensgefährdungen von hierzulande Schutz Suchenden zu fördern.“ Deswegen arbeiten die Landesflüchtlingsräte eng vernetzt mit Bündnissen wie z.B. PRO ASYL, der Seebrücke, #unteilbar und We'll Come United.


Hintergrund:


§ 95 AufenthG-E: Strafvorschriften
In dem Referentenentwurf für das sogenannte „Geordnete-Rückkehr-Gesetz“ werden zwei neue Straftatbestände vorgeschlagen, die jeweils mit bis zu drei Jahren Haft oder Geldstrafe bestraft werden können.

Der erste neue Straftatbestand stellt es unter Strafe, die Vollziehung einer bestehenden Ausreisepflicht zu beeinträchtigen, indem man über geplante Maßnahmen zur Identitätsfeststellung ausreisepflichtiger Ausländer mit dem Ziel einer Behinderung derselben informiert (§ 95 Abs. 2 Nr. 3a AufenthG-E). Wie die Gesetzesbegründung erkennen lässt, wird hier den Beratungsstellen unterstellt, dass sie Tipps zur Verschleierung der Identität geben würden. Unabhängige Beratungsstellen erfüllen eine wichtige Funktion im Rechtsstaat, indem sie schutzsuchende Menschen über ihre Rechte und Pflichten aufklären. Insbesondere für Menschen aus anderen Ländern und Rechtssystemen, die dazu nicht die deutsche Sprache sprechen, ist dies sehr wichtig. Das zu Tage kommende Misstrauen des Bundesinnenministeriums gegenüber diesen Beratungsstellen ist äußerst problematisch. Die Formulierung ist zudem so unkonkret, dass selbst BeraterInnen, die ihre MandantInnen beraten und unter Umständen weitere rechtliche Schritte empfehlen, unter diesen Straftatbestand fallen könnten.

Zweitens soll die Veröffentlichung von Abschiebungsterminen unter Strafe gestellt werden (§ 95 Abs. 2 Nr. 3b AufenthG-E). Wie die Gesetzesbegründung präzisiert, bezieht sich dies zum Beispiel auf die Verbreitung der Information über Newsletter oder in den sozialen Medien. Die Veröffentlichung von Abschiebungsterminen dient verschiedenen legitimen Interessen. Zum einen bietet es potentiell betroffenen Menschen die Möglichkeit, sich rechtlichen Rat zu holen. Zum anderen sind Abschiebungen, insbesondere jene nach Afghanistan, Teil einer öffentlichen Debatte, die insbesondere durch die Veröffentlichungen angeregt wird.

Das Recht, Informationen zu erhalten und zu verbreiten, sowie die Pressefreiheit sind als Teil des Rechts auf Meinungsfreiheit durch Art. 5 Abs. 1 Grundgesetz, Art. 10 Abs. 1 EMRK und Art. 19 Abs. 2 IPBPR geschützt. Mit diesen Rechten und dahinterstehenden Interessen setzt sich das Bundesinnenministerium gar nicht erst auseinander. Die vorgesehenen Einschränkungen dieser Rechte wird mit der „Bewährung des Rechtsstaats“ und des „besonderen Unrechtsgehalts“ des unter Strafe gestellten Verhaltens begründet, außerdem könnte mit der Vorschrift die Weitergabe von vertraulichen Informationen verhindert werden – warum es sich dabei tatsächlich um vertrauliche Informationen handeln soll, wird nicht erläutert. Erforderlich wäre darüber hinaus schon nach ständiger Rechtspre-chung des EGMR eine Abwägung, bei der ein öffentliches Interesse an der Information, die vorhanden ist, ein entscheidendes Argument ist.  Der Spielraum von Staaten zur Beschränkung der Informationsfreiheit ist besonders eingegrenzt, wenn es um die Pressefreiheit geht, da der Presse eine besonders wichtige Rolle in einer Demokratie zukommt.  Angesichts des hohen öffentlichen Interesses z.B. an Abschiebungen nach Afghanistan und der Rolle der Medien bei der Veröffentlichung von Terminen von Abschiebungsflügen ist es nicht verhältnismäßig, eine Veröffentlichung dieser Information unter Strafe zu stellen. Auch würde es negative Auswirkungen auf das Demonstrationsrecht haben, da für einen Aufruf zur Demonstration gegen einen Abschiebeflug eben auch der Termin bekannt gegeben werden muss.

Die Vorschläge sind nicht nur als menschenrechtswidrig sondern auch politisch abzulehnen, da sie eindeutig das Ziel haben, eine engagierte Zivilgesellschaft zu kriminalisieren. Dies ist ein besorgniserregender internationaler Trend, der auch im jährlichen Bericht des UN-Sonderberichterstatters zu MenschenrechtsverteidigerInnen 2018 aufgegriffen wurde. Wie der Berichterstatter feststellt, werden UnterstützerInnen von geflüchteten Menschen zu-nehmend kriminalisiert, was auch einen „chilling effect“ haben kann, d.h. eine Abschreckungswirkung, die dazu führt, dass sich weniger Menschen in dem Bereich engagieren.  Dies lässt sich besonders auf die erste neue Strafvorschrift beziehen, da diese Regelung Menschen davon abhalten könnte, überhaupt erst mit einer Beratungstätigkeit anzufangen. Auch die Kriminalisierung von Whistleblowern problematisiert der Berichterstatter und empfiehlt, entsprechend die Meinungs- und Informationsfreiheit nicht einzuschränken.

Die vorgeschlagenen Strafvorschriften sind verfassungs- und menschenrechtswidrig und sind ersatzlos zu streichen.

Pressemitteilung

Pressemitteilung zum Urteil im Prozess um die Vergewaltigung einer 15-jährigen Messdienerin durch ihren Diakon

 

Am Donnerstag fand am Amtsgericht München die Urteilsverkündung im Prozess um einen Diakon statt, der auf einer Kirchenfahrt eine 15jährige Messdienerin vergewaltigt hatte. Der Mann wurde zu zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Wir von Wildwasser Berlin, einem Verein, der sich seit mehr als 30 Jahren für Frauen* und Mädchen* einsetzt, die von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend betroffen sind oder waren, sind über diesen Richterspruch zutiefst entrüstet.

Zwei Jahre auf Bewährung für eine Vergewaltigung. Das ist nicht nur ein herber Schlag für das betroffene Mädchen, sondern trifft auch eine gesellschaftliche Aussage, die sexualisierte Gewalt bagatellisiert. Im Fall des Diakons kommt noch hinzu, dass er die Gewalt in Ausnutzung eines Vertrauensverhältnisses und seiner Verantwortung für die 15-Jährige ausübte.

Trotz aller wichtiger gesellschaftlicher Debatten um das Thema sexualisierte Gewalt und einem, auch durch die „Me too“-Kampagne erhöhten Problembewusstsein, zeigt dieses Urteil, dass es weiterhin einen Kampf für die Durchsetzung der Rechte von Betroffenen braucht.

Wir finden, dass das Recht von Kindern und Jugendlichen auf körperliche Unversehrtheit sich auch in gerichtlichen Urteilen wiederfinden muss.

Vergewaltigung wird so zu einer Bagatelle gemacht. Das ist ein Symptom der sogenannten Rape Culture, also einer Kultur, die sexualisierte Gewalt begünstigt, indem sie sie kleinredet, Ausreden und Entschuldigungen erfindet und Betroffenen die Richtigkeit ihrer Wahrnehmungen abspricht.

Wir als Wildwasser e.V. nehmen dieses Urteil als ein gesellschaftlich fatales Signal wahr, weil es keine Anerkennung für das Leid der Betroffenen gibt und sexualisierte Gewalt verharmlost.

Wir fordern die Sichtbarmachung und Anerkennung der Perspektiven und Rechte von Betroffenen in gerichtlichen Verfahren und setzen uns weiterhin für eine breite gesellschaftliche Debatte ein, die sexualisierte Gewalt als ein für ALLE relevantes Problem begreift und bereits dort ansetzt, wo Verharmlosung und Desinteresse sexualisierte Gewalt begünstigen.

 

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Wildwasser e.V. Berlin

Ansprechpartnerin Irina Stolz:

Email.: gf_stolz@wildwasser-berlin.de

Tel: 030-486 282 32